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Eltern-Besuche per Gesetz?

Eines der drängenden Probleme Chinas ist der demographische Wandel. Eine immer älter werdende Bevölkerung, befeuert durch die Ein-Kind-Politik, sowie der zunehmende Individualismus und Egoismus einer konsumorientierten Gesellschaft lässt den Familienzusammenhalt erodieren.

Um dem zu begegnen spielt die Chinesische Regierung nun mit dem Gedanken, ein skurril anmutendes Gesetz zu verabschieden: Dieses soll erwachsene Kinder dazu zwingen ihre alten Eltern regelmäßig zu besuchen. Dabei steht vor allen Dingen die Sorge um die seelische Vernachlässigung und die Isolation der Alten im Vordergrund, doch auch die Sicherstellung des körperlichen Wohls läge damit in der Verantwortung der Kinder. Diese Rechte könnten die Eltern mittels des neuen Gesetztes sogar einklagen. Die genaue Anzahl der Besuche ist nicht geregelt – im Gesetzesentwurf heißt es dazu nur schwammig, die Kinder müssten die Eltern „oft“ besuchen. (1) So tönte es in den letzten Tagen in der Presse: Grund genug einen kurzen Blick auf das Problem einer alternden Gesellschaft in China zu werfen:

In der chinesischen Kultur genießen – neben den Kindern – besonders Senioren ein besonders hohes Ansehen und es galt bisher als selbstverständlich, dass sich die erwachsenen Kinder um die älter-werdenden Eltern kümmern (2). Der Respekt vor dem Alter wurde bereits in den Schriften des Konfuzianismus vermittelt (3), in denen das Prinzip der „kindlichen Pietät“ (孝 xiao) (4) im Mittelpunkt steht. Diese zentrale Tugend der chinesischen Kultur beschrieb ursprünglich die Verehrung der verstorbenen Vorfahren durch einen Sohn und wurde in der Han-Zeit auf die Verehrung der lebenden Eltern ausgedehnt (5). Anschauliche Geschichten über den Umgang und die Auswirkungen der kindlichen Pietät liefern die „24 Paragonen der Kindspietät“ (二十四孝, er shi si xiao) aus dem 14. Jahrhundert (4). In ihnen benimmt sich zB. ein erwachsener Sohn, wie ein kleines Kind, um seinen Eltern eine Freude zu machen und sie vergessen zu lassen, wie alt sie eigentlich sind.

Diese Weisheiten wirken bis heute in das Denken und Handeln der Chinesen nach: Es steht außer Frage, dass man sich um die alten Eltern kümmert. Oft leben drei Generationen zusammen, und die Eltern sind bis ins hohe Alter aktiv in das Familienleben, die Kindererziehung und das soziale Gefüge eingebunden. Doch ziehen heutzutage auch immer mehr Jungen in die Städte auf der Suche nach Arbeit oder wandern gleich ganz ins Ausland ab: Die Alten bleiben alleine und ohne Versorgung zurück. Die berühmte Großfamilie hört in weiten Teilen auf zu existieren. Die Eltern bleiben im Alter alleine. Kann eine staatlich verordnete Elternliebe das Problem lösen?

Filme zum Thema „Altern in China“:
A Simple Life

Weiterführende Links:
– Bei BBC (BBC World Asia) gibt es interessante Graphiken zum Thema „demographischer Wandel in China“.
– Hans van Ess, Ehrfurcht vor dem Alter? Einige Anmerkungen zum Altern in China. (5)
– Überalterung in China (Dossier bei der Zeit)

Quellen:
(1) derwesten.de
(2) epochtimes
(3) Wikipedia
(4) Wikipedia
(5) Hans van Ess, Ehrfurcht vor dem Alter? Einige Anmerkungen zum Altern in China.

Comments

  1. Hier gibt’s die “Stimmen aus China” zu dem Thema: Erwachsene müssen betagte Eltern besuchen – Änderung des Altengesetzes trifft auf Skepsis bei jungen Chinesen

    Comment by Me on 27/02/2013 at 19:59
  2. 4-2-1 Family: http://t.co/0bQQtXjpyF

    Comment by Me on 18/06/2013 at 11:22

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